Wusstest Du, dass Mutterliebe kein instinktiver Bestandteil von Frauen ist? Es ist viel mehr ein Gefühl, welches unterschiedliche ausgeprägt sein kann. Macht natürlich auch Sinn, wenn man bedenkt, dass es viele Frauen gibt, die entweder keine Kinder haben möchten oder ihre eigenen ohne Reue weggeben.
Dass wir Menschen dazu neigen, alles Kleine und Hilflose niedlich zu finden, ist ein Konstrukt der Natur. Nur so können Gattungen überleben, da unser Mitgefühl sofort entflammt wird. Doch dies ist nicht nur bei Frauen so und rührt daher nicht aus einer „besonderen Mutterliebe“ heraus.
Doch was macht die Mutterliebe zur Vaterliebe so besonders?
In erster Linie, dass diese bereits zum Kind viel früher anfängt. Frauen haben ein ganz anderes Verhältnis zu Kindern, weil sie durch Schwangerschaften bereits mit dem Embryo verschmelzen. Aber auch Frauen, die keine Schwangerschaften durchgestanden haben, können diesen Prozess eher nachempfinden – denn immerhin werden Frauen ab ihrer Pubertät monatlich auf eine mögliche Schwangerschaft vorbereitet und nehmen dadurch häufig unterbewusst bereits über Jahre innerkörperliche Prozesse wahr. Dies kann dazu beitragen, dass man sich eher in eine Schwangerschaft hineinversetzen kann und Säuglinge anders aufnimmt, als ein Mann es eventuell tun würde.
Doch leider vergessen viele Frauen dadurch auch, dass sie eine gewisse Distanz zu ihrem Kind aufbauen sollten – trotz der nötigen Nähe -, um den heranwachsenden Menschen die bestmögliche Mutter zu sein. Es geht also nicht darum, die „perfekte Mutter“ zu sein, sondern lediglich „gut genug“. Besonders Söhne profitieren später davon, wenn ihre Mutter ihnen beim Heranwachsen nicht jeden Wunsch von den Augen abliest. Dies führt eher dazu, dass die Kinder auf natürliche Weise aus ihrer Illusion in die Realität geführt werden.
Es gibt einen großen Unterschied, weshalb das Kindsgeschlechte eine Rolle spielt.
Töchter werden in der Beziehungsgestaltung eher mit der Mutter selbst verglichen. Söhne gehören zu dem „fremdem“ Geschlecht. Etwas, was Mütter selbst körperlich nicht nachempfinden können, allerdings aus Erfahrungen mit anderen Männern (etwa dem Vater, Brüdern oder Partnern) kennen. Dies kann in verschiedene Richtungen führen, z.B. straft die Mutter ihren Sohn für alle negativen männlichen Erfahrungen ab oder versucht ihn so zu formen, dass er der „perfekte Mann“ wird. Es kann aber genauso sein, dass der Sohn von anderen Frauen abgetrennt werden soll, damit die Mutter von ihm die Bedürfnisse erfüllt bekommt – die andere Männer ihr „verwehren“, z.B. Wertschätzung, Sicherheit oder Hingabe (beispielsweise in Form von stetiger Hilfsbereitschaft).
Doch was kann passieren, wenn Mütter ihre Rolle bei Söhnen zu intensiv ausleben?
Erzielen sie tatsächlich immer das, was ursprünglich jede Mutter für ihr Kind möchte: „Mein Kind soll so heranwachsen, dass es selbstbewusst sein Leben lebt, reflektiert und vorausschauend handelt und dennoch mutig Konsequenzen trägt.“ Hier ein paar Beispiele, wie Mütter das Ziel schlagartig verfehlen können (bitte beachte, dass es nur wenige Beispiele und Menschen individuell gebaut sind):
Die Handlung | Der gute Gedanke | Die Konsequenz (Beispiel) |
Die Mutter verachtet Männer, aber ehrt ihren Sohn. Macht ihm sehr deutlich, dass er nicht wie alle anderen Männer ist. | Die Mutter möchte das Selbstwert des Sohns aufbauen, weil der den Hass gegenüber anderen Männern spürt und auf sich beziehen könnte. | Sohn bekommt das Gefühl, der Mutter Liebe schuldig zu sein. In der Kommunikation zu seiner Mutter wird er wenig bis gar kein Kontra gegeben haben – aus Angst ebenfalls verurteilt zu werden, wie alle anderen Männer und damit der Mutter doppelt wehzutun. (Sie setzt ja stets Hoffnung in ihren Sohn.) Der Sohn wächst also nicht selbstbewusst heran, sondern meidet Konflikte mit Frauen und flüchtet eher. |
Die Mutter fixiert sich zu stark auf das Kind, so dass kein Dritter Platz findet. Das Kind wird zum Fixpunkt, bis plötzlich die Aufmerksamkeit durch einen Dritten geteilt wird. (Das kann ein weiteres Kind oder gar ein Partner*in sein.) | In erster Linie wird die eigene „Langeweile“ durch das Kind ausgeglichen. Oft wird sich das schöngeredet mit den Worten: „Kinder brauchen halt am Anfang besonders viel Zuwendung und Aufmerksamkeit! Es ist auf mich angewiesen!“ Das Kind wird mit Liebe überhäuft, mit dem Gedanken behütet und sicher zu wachsen. | Gerade bei Söhnen kann durch diese Bindung eine ungesunde Eifersucht entstehen – vor allem, wenn die dritte Person ebenfalls männlich ist. Dies kann dazu führen, dass das Männerbild hasserfüllt wird (denn jemand will einem die Liebe der Frau wegnehmen). Es kann aber auch dazu führen, dass ein Frauenhass entsteht, weil die Mutter ihre Liebe plötzlich aufteilt und man durch die dritte Person das Gefühl bekommt, nicht mehr wertvoll genug zu sein. |
Die Mutter fällt jede Entscheidung für den Sohn, das geht sogar so weit, dass sie mit der Zeit übergriffig wird und sich in alle Angelegenheiten einmischt. Läuft es nicht nach ihrer Nase, bekommt der Sohn direkt ein Drama vorgeführt. | Dahinter steckt eine Überbehütung, die Mütter u.a. dadurch erklären, dass sie nur das Beste für ihren Sohn möchten. Die Grenzüberschreitung ist also aus einer guten Tat heraus gerechtfertigt (aus Sicht der Mutter). | Die Söhne bekommen immer mehr Schwierigkeiten damit, sich aus dem Verpflichtungsgefühl der Mutter zu befreien. Selbstbewusste Frauen – mit denen sie eine glückliche Partnerschaft führen könnten – können ungewollt zum „Feindbild“ werden, so dass der Mann in solchen Beziehungen eher fremdgeht oder sich die Frau ihm nicht sicher sein kann. Das Gefühl von, mit dem einen Bein abspringen wollen, aber sich dennoch nicht befreien können, bestimmt dabei unterbewusst ihr Verhalten. |
Die Mutter sucht zum Sohn sehr viel Nähe und Geborgenheit. (Vielleicht sogar daraus, dass die eigene Partnerschaft dies nicht spiegelt.) Dies kann soweit führen, dass diese Nähe vom Sohn als aufdringlich empfunden wird – besonders wenn die Pubertät und die Abkapslungs- und Selbstfindungsphase startet. | Der Sohn soll sich geliebt fühlen, besonders in Zeiten wo er selbst Distanz möchte. Diese Distanz wird von der Mutter entweder auf sich selbst übertragen („Ich habe ihm zu wenig Liebe gegeben, jetzt ist er sauer und geht auf Distanz“) oder im Außen gesucht („er macht offenbar gerade eine schwere Zeit durch und will sich mir nicht anvertrauen. Ich muss ihm zeigen, dass ich immer für ihn da bin und ihn liebe, egal was ist“). | In Partnerschaften kann es dazu führen, dass der Sohn die Nähe des Partners zwar ebenfalls zu schätzen weiß, aber tiefe Nähe abwehrt. Denn dies würde die Übergriffigkeit der Mutter triggern – und aus Angst, der Partner würde ebenfalls so handeln, umgeht man diese Situation frühzeitig durch oberflächlichere Nähe und Geborgenheit. |
Überbehütungen können sogar dazu führen, dass Männer ihre unterdrückte Aggression der Mutter gegenüber an anderen Frauen/Männern auslassen, z.B. in dem sie von einem Sexualpartner zum nächsten springen, ihr eigenes Ohnmachtsgefühl durch erneute Demütigung inszenieren und das aus Kosten von zurückgelassenen Personen. Genauso kann eine Überbehütung auch dazu führen, dass Männer als wahre Frauenhelden agieren wollen. Diese Männer opfern sich regelrecht für ihre Partner auf und „bemuttern“ diese. Wer das Männerbild dann noch zusätzlich erfüllen möchte, verfällt dann häufig in dieses Klischeebild von – der Mann holt das ganze Geld ran und fordert seinen Partner dazu auf nichts weiter zu machen als „hübsch“ zu sein. Rein nach dem Prinzip: „Du brauchst niemanden außer mich. Du bist sorgenfrei, dank mir!“
Es gibt noch Unmengen an mehreren Beispielen.
Da im Männer-Freundeskreis meist wenig über Mutterbeziehungen gesprochen wird,
tun sich Männer gut daran, wenn sie ihr Verhältnis zur eigenen Mutter reflektieren – besonders dann, wenn sie immer wieder an Partnerschaften scheitern oder unglückliche Partnerschaften führen und aufrechterhalten, statt sie aus Selbstliebe zu beenden.
Eine „Schande“ besteht nicht darin, wenn man ein ungesundes Mutter-Sohn-Verhältnis bei sich aufdeckt, sondern eher dann, wenn man dies nicht reflektiert und selbst aufarbeitet. Für das Verhalten der Mutter kann man nichts, aber man kann was dafür, wie man diese Erfahrungen auf seine Zukunft projiziert und durch unterdrückte Ängste unbewusst auf andere wirken lässt.
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